Buchautor,
Liedermacher
und Kabarettist
PETER MEISSNER
Nicht einmal am Heiligen Abend können die Programmgestalter des Fernsehens auf Krimis verzichten. Aber wenn
es schon sein muss, wie wär’s dann mit einem …
WEIHNACHTS-TATORT (aus dem Buch ‚Auch Engel lachen trotzdem!‘)
Die Kamera zeigt einen Christbaum. Der Blick gleitet von oben nach unten, vorbei an Kerzen und allerlei Christbaumbehang
bis zum Boden. Und da kommt sie ins Bild: eine zerbrochene Glaskugel. Hier ist etwas Fürchterliches geschehen!
Kurze Zeit später hört man die Stimme des Inspektors, in Gestalt eines Lebkuchen-Nussknackers im zweiten Astquirl.
„Hat jemand gesehen, wie das da unten passiert ist?“, fragt er in die Runde der anderen Christbaumfiguren. Er wendet sich
einem Schokoteddybären zu und blickt ihm streng ins Gesicht. „Sie zum Beispiel!“
Der antwortet ganz verdattert: „Da-da-das ist ganz schnell gegangen! Ich häng hier so herum, und plötzlich höre ich es
unten klirren!“
Ein kleines Pony aus dünnem Glas schnaubt aufgeregt:
„Mein Gott, es hätte genauso gut mich treffen können!“
Inspektor Nussknacker verschafft sich wieder Gehör: „Hat die Glaskugel irgendwelche Feinde gehabt? Sie glitzerte doch
schöner als der ganze übrige Christbaumbehang!“
„Das glaube ich nicht!“, antwortet der Schokomond. „Vielleicht hat sie ein Kind versehentlich runtergeschmissen, als es sich
eine Nascherei holen wollte!“
„Da war gein Gind …“, sagt das Likörfläschchen, das allerdings immer voll und daher schlecht zu verstehen ist.
„Huhu!“, ruft die nougatgefüllte Eule. „Die Glaskugel ist doch am untersten Ast befestigt gewesen. Genau in Reichweite der …
Katze!“
„Na schön!“, resigniert Inspektor Nussknacker. „Legen wir den Fall einstweilen zu den Akten. Die Katze kann ich leider nicht
befragen, die frisst nämlich manchmal auch ganz gerne Lebkuchen …“
Signation - der Weihnachts-Tatort ist zu Ende. Man sieht gerade noch zwei Hände die Scherben zusammenkehren
und dahinter die unergründlichen Augen der Katze auf dem Sofa.