Buchautor,
Liedermacher
und Kabarettist
PETER MEISSNER
Stellen Sie sich vor, Sie rufen jemanden an und sind unerwartet mit einem
Anrufbeantworter verbunden. Er fordert Sie auf, nach dem Signalton zu sprechen
und erwischt Sie damit auf dem falschen Fuß. Denn Sie wissen, alles was Sie jetzt
sagen sind …
UNWIDERRUFLICHE WORTE (aus dem Buch ‚Meissner für alle Fälle')
Herr Zirbitzer bemerkte auf seinem Handy einen Anruf in Abwesenheit. Der Chef war
dran gewesen, und allein die Tatsache, dass Zirbitzer das Gespräch jetzt in seiner
Mittagspause nicht angenommen hatte, bedeutete eine gewisse Unannehmlichkeit.
Zirbitzer rief zurück, und wie immer, wenn er diese Nummer wählte, spürte er im
Hals ein undefinierbares Würgen. Der Chef hob allerdings nicht ab, und als sich
stattdessen die Sprachbox meldete, begann Zirbitzer einfach drauf los zu reden.
Überrascht und im Moment etwas überfordert.
„Hallo! Der Dings ist da, der Zirbitzer! Ich hab gerade angerufen, das heißt, bemerkt,
dass Sie mich angerufen haben! Wenn Sie mich vielleicht noch einmal rufen
würden! Meine Telefonnummer ist, wie ist die schnell … aber meine Nummer
kennen Sie ja! Sonst hätten Sie mich ja nicht zuerst schon angerufen! Danke!"
Zirbitzer atmete schwer. So eine vertrottelte Vorstellung, die er da geliefert hatte!
Nicht einmal die eigene Nummer war ihm in der Eile eingefallen.
Diese Schlappe musste er sofort wieder gutmachen, und so verband er sich noch
einmal mit der Box seines Vorgesetzten. „Zirbitzer! Tut mir leid, dass ich vorhin so
einen verwirrten Eindruck hinterlassen habe. Ich wollte nur sagen, dass ich jetzt
wieder erreichbar bin. Das heißt, Sie hätten mich auch schon vorher erreichen
können, wenn ich erreichbar gewesen wäre. Wie gesagt, Sie können mich jetzt!
Danke!"
Um Himmels Willen! Das Gestammel, das er jetzt auf der Sprachbox hinterlassen
hatte, war ja noch blöder als vorhin. Und es war leider auch nicht rückgängig zu
machen! Die einzige Möglichkeit, den letzten Eindruck zu verwischen, bestand darin,
noch einmal anzurufen. Diesmal wollte sich Zirbitzer seine Rede allerdings vorher
genau überlegen.
„Guten Tag, Zirbitzer, wie vorhin! Bitte vergessen Sie alles, was ich die ersten beiden
Male gesagt habe. Ich weiß, das hat so gewirkt, als ob ich was getrunken hätte!"
'Um Gottes Willen! In was für einen Wirbel rede ich mich jetzt schon wieder rein!',
durchfuhr es ihn.
„Ich bin aber völlig nüchtern! Das will ich nur festhalten, bevor Sie wieder
irgendeinen Blödsinn über mich daherreden …" Zirbitzer geriet in Panik. Alles, was
er jetzt in den Anrufbeantworter sprach, war unwiderruflich.
„Ich wollte damit nicht sagen, dass Sie blöd daherreden, obwohl, ach was!" Zirbitzer
brach endgültig zusammen.
„Lassen Sie mich gefälligst in Frieden mit Ihren Scheißanrufen und dieser ganzen
vertrottelten Firma. Ich ... na, ich brauche ja wohl jetzt nicht mehr selbst zu
kündigen!"
Herr Zirbitzer setzte sein Mittagessen fort. Und eigentlich ging es ihm jetzt so gut,
wie schon lange nicht mehr!