Buchautor, Liedermacher und Kabarettist
PETER MEISSNER

"Ein Packerl Germ, wenn du mir noch mitbringst!", hörte Kurti seine liebe Frau noch

rufen, als er ins Auto stieg. Und er gehörte damit schlagartig zu jener Gruppe von

Ehemännern, die ganz zu Recht befürchten, das Falsche einzukaufen oder

überhaupt auf die Besorgung zu vergessen. Kurtis Gemahlin benötigte sie aber ganz

dringend ...

DIE GERM (aus dem Buch 'Is net so')

Kurti hatte an diesem Samstag eine ganze Menge zu besorgen. Nachdem er schon

in mehreren anderen Geschäften gewesen war, fragte er in einer Bäckerei zum

ersten Mal nach seinem Packerl Germ.

"Hamma net!", belehrte ihn die Verkäuferin. "Aber da drüben im Milchg'schäft

werden Sie's sicher kriegen!"

Kurti befolgte den Rat und musste kurz darauf erfahren, dass die Germ im

Milchgeschäft schon vorige Woche ausgegangen war.

"Germnachfragemäßig san die letzten Tag unhamlich stark g'wesen!", hieß es. Kurti

machte sich wieder auf den Weg und bekam in zwei weiteren Verkaufslokalen ganz

ähnlich lautende Auskünfte:

"Unser Germ is gut, aber aus!"

Nun war bereits eine ganze, nahezu gespenstisch germfreie Stunde vergangen, und

Kurti wagte einen letzten Versuch. Er presste sich in den größten Supermarkt der

Stadt und suchte in wilder Verzweiflung nach einem Germregal. Als er dieses nicht

fand, nach einer Verkäuferin.

"Sie, ich bitt' Sie, wo ist denn die Germ?", stöhnte er.

"Bei die Hundefutterdosen rechts, am Joghurt vorbei, nach'm Bier zwa Kilometer

gradaus und die zweite Ampel links ...!"

Kurti folgte den Anweisungen, zwängte sich neuerlich durch Menschenmassen,

kletterte über zwischengelagerte Paletten mit Klopapier, widerstand den

selbstmörderischen Versuchungen vor der Rasierklingenabteilung und landete

endlich an der gesuchten Stelle. Inmitten eines überreichen Warenangebotes stach

sie als einzig leerer Fleck deutlich hervor. Hier musste sich in grauer Vorzeit,

vielleicht gestern oder vorgestern, die Germ befunden haben.

Kurti brach schluchzend in die Knie und wurde augenblicklich von einer dicken

Kundin mit dem Einkaufswagen über den Haufen gefahren.

"Is Ihnen was?", hörte er von ferne die über ihn gebeugte Dame fragen, und alles

Leid brach aus ihm heraus:

"Wie soll ich nach Hause zu meiner Frau zurückkehren, wenn ich dieses Packerl

Germ nicht bekommen habe?"

Und da, wie durch ein Wunder, verwandelte sich die Kundin vor seinen Augen in

eine wunderschöne Fee, führte Kurti an der Hand aus dem Supermarkt und auf

einem weißen Pferd heim in ihren Palast.

"Jetzt sollen alle deine Wünsche in Erfüllung gehen!", flüsterte sie verheißungsvoll,

als sie mit Kurti vor dem Kühlschrank stand. Wie von Zauberhand bewegt öffnete

sich die Gerätetür, und die wunderschöne Fee verfiel:

"Bin i jetzt scho' ganz deppert?", rief sie. "Da war doch a Packerl Germ ...!"

Gute Feen sind halt auch nicht mehr das, was sie einmal waren!